Flächendefekte
Nachdem wir die null– und eindimensionalen Gitterfehler besprochen haben, geht es jetzt mit den Flächendefekten, wie zum Beispiel Korngrenzen, weiter. Es kann insgesamt in drei verschiedene Arten von Flächendefekten unterschieden werden. Die erste ist die Phasengrenze, dann die Korngrenze und zuletzt der Stapelfehler.
Zur Erinnerung: Ein Defekt liegt vor, wenn die Umgebung eines Atoms A, anders als die Umgebung eines Referenzatoms B ist.
Inhaltsübersicht
Phasengrenzen
Phasengrenzen treten zwischen verschiedenen Phasen auf. Doch was versteht man wieder unter einer Phase? Das ist eine unterschiedliche Anordnung desselben Materials. Wichtig dabei ist, dass sie die gleiche chemische Zusammensetzung haben. Betrachten wir zur Verdeutlichung Silizium. Es kommt in kristalliner und amorpher Form vor. Alle Grenzen zwischen diesen beiden Formen innerhalb eines Kristalls können somit als Phasengrenzen verstanden werden, da wir zwei unterschiedliche Anordnungen betrachten.
Korngrenzen
Die Korngrenze trennt in einem Kristall Gebiete, die eine unterschiedliche Ausrichtung derselben Kristallgitterstruktur haben. Korngrenzen treten als Gitterfehler in allen natürlichen Polykristallen auf. Darunter versteht man Kristalle, die aus vielen kleinen Einzelkristallen mit unterschiedlicher Orientierung bestehen. Im Gegensatz dazu haben Einkristalle, also Monokristalle, keine Korngrenzen. Sie besitzen also ein einheitliches, homogenes Kristallgitter. In der Natur kommen Korngrenzen beispielsweise in Diamanten vor, technisch macht man sich Einkristalle bei der Herstellung von Microchips oder Solarzellen zunutze.
Eine Besonderheit der Korngrenze ist die sogenannte Zwillingskorngrenze als Gitterbaufehler. Eine solche Grenze hat aufgrund ihrer hohen Symmetrie eine niedrige Energie. Sie kennzeichnet sich dadurch, dass es eine Korngrenze zwischen zwei unterschiedlich orientierten Kristallgittern gibt. Diese unterschiedlichen Gitter sind aber spiegelbildlich zueinander angeordnet und bilden so einen zweidimensionalen Gitterfehler.
Stapelfehler
Um diesen Gitterfehler zu verstehen, musst du dir den Kristall als verschieden geschichtete Ebenen vorstellen. Diese Ebenen bestehen aus vielen Atomen, die sich so dicht wie möglich aneinanderreihen. Das nennt man dann die dichteste Kugelpackung.
Zur Vereinfachung nennen wir die erste Ebene A-Ebene. Die zweite Ebene würde sich in die Lücken der ersten Ebene legen, um sie zu schließen und die Dichte zu erhöhen. Wir bezeichnen diese als B-Ebene.
Du erkennst sicher schon, dass du für die nächste Ebene zwei Möglichkeiten hast. Du kannst sie auf genau die gleichen Stellen der A-Ebene legen (damit erzeugst du eine neue A-Ebene) oder aber du entscheidest dich für eine neue Ebene, die auf keiner der beiden vorhandenen Ebenen liegt (dies führt zu einer C-Ebene).
Bleiben wir einmal bei der zweiten Möglichkeit. Stapeln wir nun konsistent weiter in diesem Muster, erhalten wir die Stapelfolge ABC. Dieses Muster wird im Kristall immer wieder wiederholt. Es entsteht so die Anordnung ABCABCABC und so weiter. Das entspricht dann genau dem fcc-Gitter.
Tritt nun entlang einer Grenzfläche zweier Kristalle eine Struktur auf, die vom ABC-Muster abweicht, spricht man von einem Stapelfehler.
Man unterscheidet dabei zwischen intrinsischen und extrinsischen Stapelfehlern. Bei intrinsischen Stapelfehlern fehlt eine Ebene. In unserem Fall ist es die blaue C Ebene. Bei extrinsischen Fehlern hat das Gitter eine Ebene zu viel. Hier wurde eine zusätzliche gelbe A Ebene hinzugefügt.