Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse ist auch als Scoring-Modell bekannt und ist ein Verfahren zur Bewertung von Zielgrößen anhand verschiedener Entscheidungskriterien. Wir erklären dir die Grundlagen der Nutzwertanalyse und zeigen dir ein ausführliches Beispiel.
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Inhaltsübersicht
Nutzwertanalyse einfach erklärt
Du kennst bestimmt die Situation, in der du dich nicht so recht zwischen zwei oder mehreren Alternativen entscheiden kannst – denk dabei beispielsweise an deine letzte Urlaubsplanung. Entscheidungen treffen wir im Leben tagtäglich, aber eine sogenannte Nutzwertanalyse, auch Scoring-Modell genannt, wenden die wenigsten bei Entscheidungsproblemen an. Sie ist aber ein sehr sinnvolles und effektives Verfahren, welches dir bei der systematischen Entscheidungsfindung helfen könnte. Beim Scoring-Modell werden quantitative oder qualitative Nutzwerte in deine Entscheidung mit eingebunden. Das wären beispielsweise psychologische, soziale oder auch technische Kriterien. Bei der Durchführung der Nutzwertanalyse erhältst du einen Nutzwert für jede deiner Handlungsalternativen und wählst schlussendlich die Alternative mit der höchsten Punktzahl.
Die formelle Nutzwertanalyse Definition lautet folgendermaßen: Die Nutzwertanalyse ist eine Methode zur Planung von systematischen Entscheidungen bei der Auswahl von Handlungsalternativen bei mehreren Zielgrößen.
Nutzwertanalyse Kriterien
Wie bereits oben erwähnt, benutzt du in der Nutzwertanalyse qualitative oder quantitative Faktoren. Du kannst dafür verschiedene Bewertungsmaßstäbe in Betracht ziehen, zum Beispiel eine 4 Punkte Skala mit: 1 = gering, 2 = mittel, 3 = hoch, 4 = sehr hoch. Für die Durchführung einer Nutzwertanalyse benötigst du Alternativen zwischen denen du dich entscheiden kannst. Ideal ist es, eine möglichst hohe aber dennoch überschaubare Anzahl an Handlungsalternativen zu ermitteln, um am Ende die Bestmögliche identifizieren zu können. Nicht realisierbare Alternativen solltest du nicht mit in deine Berechnung aufnehmen. So wäre beispielsweise eine Reise nach Timbuktu keine sinnvolle Option für deine Analyse, wenn du panische Flugangst hast oder Afrika als Kontinent sowieso nicht in Frage kommen würde. Neben der klassischen Nutzwertanalyse kannst du mit dem gleichen Vorgehen auch ganz einfach eine Risikobewertung durchführen. Dafür musst du nur die Nutzwertanalyse „umkehren“. In diesem Fall wäre natürlich am Ende deiner Analyse die Alternative mit dem geringsten Wert deine beste Handlungsalternative, da du ein geringes Risiko bevorzugst.
Nutzwertanalyse Scoring Modell
Die Nutzwertanalyse, bzw. das Scoring-Modell, sind aber nicht nur von Vorteil für deine persönlichen Entscheidungsfindungen, sondern auch für sämtliche Entscheidungen in der Produktion und Logistik. So wird im Rahmen der diskreten Standortplanung häufig die Nutzwertanalyse verwendet, um den bestmöglichen Standort aus einer abzählbaren Anzahl an Standortalternativen zu wählen. Aus diesem Grund wird unser Beispiel, welches wir dir in Kürze erklären werden, auch anhand der diskreten Standortplanung erklärt.
Ablauf Nutzwertanalyse
Wie du jetzt bereits weißt, kann dir die Nutzwertanalyse dabei helfen bei mehreren Handlungsalternativen eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Dabei gehst du immer nach einem bestimmten Schema vor. Dieses möchten wir dir hier kurz in der Theorie vorstellen, werden es aber im Anschluss anhand eines ausführlichen Beispiels näher erläutern.
- Zunächst legst du deine Entscheidungsalternativen oder deine zu lösende Problemstellung fest.
- Im Anschluss definierst du so klar wie möglich deine Bewertungskriterien. Anhand dieser Kriterien wirst du im Laufe der Analyse deine Entscheidung treffen. Mögliche Kriterien wären ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder die Anforderungen an ein Produkt zu erfüllen.
- Deine definierten Kriterien sollten im dritten Schritt gewichtet werden. Diese Gewichtung kannst du durch absolute Werte oder durch Prozentsätze durchführen.
- Um deine Nutzwerte am Ende interpretieren zu können, musst du vorerst noch einen Bewertungsmaßstab festlegen. Dieser sagt dir ganz einfach, ob ein Nutzwert von 4 gut oder schlecht ist. Hierzu dient dir beispielsweise eine Skala von: 1 Punkt = sehr schlecht bis 6 Punkte = sehr gut.
- Bevor es an die Auswahl der besten Alternative geht, kommt die eigentliche Bewertung deiner Entscheidungsmöglichkeiten. Pro Kriterium und je Alternative vergibst du Punkte und gewichtest diese im Anschluss.
- Du bist endlich am letzten Punkt angekommen und musst nur noch deine Einzelgewichtungen aus 5. zu einer gewichteten Punktzahl pro Handlungsalternative aufsummieren. Deine Alternative mit der höchsten Punktzahl ist gemäß der Nutzwertanalyse deine optimale Auswahl.
Nutzwertanalyse Beispiel
Nach der ganzen Theorie wird es nun höchste Zeit für ein wenig Praxis, die dir das Scoring-Modell näher bringt. Das folgende Beispiel bezieht sich auf eine diskrete Standortplanung, also eine Planung mit einer abzählbaren Menge an Standortalternativen. In unserem Beispiel zur Nutzwertanalyse liegt dir bereits eine Vorauswahl der möglichen Alternativen vor. Du weißt also, dass du deinen neuen Standort entweder in Köln, München oder Berlin errichten willst und musst nun überlegen, welcher davon der Beste ist. Dies hängt davon ab, mit welchen Kriterien du die Alternativen im Scoring-Modell bewertest. Zum Beispiel könnte man Distributionskosten, Verkehrsanbindung oder Fixkosten als Kriterien verwenden. Im Scoring Modell weist du jedem Standort für das jeweilige Kriterium sogenannte Nutzenwerte auf einer Skala von eins bis zehn zu. Zehn ist dabei der beste Wert und eins der schlechteste. So erhältst du folgende Bewertung:
Welche Alternative du auswählst, hängt jetzt nur noch davon ab, wie stark du jedes einzelne Kriterium im Scoring-Modell gewichtest. Du kannst deine Alternativen entweder gleichgewichten oder aber auch unterschiedliche Gewichte zuweisen. Beide Formen und die jeweiligen Entscheidungen siehst du im Folgenden.
Nutzwertanalyse Vorgehen: Gleichgewichtung der Kriterien
Bist du der Meinung, dass im Scoring-Modell alle Faktoren gleich wichtig sind, addierst du einfach die Werte jeder Alternative miteinander um den Gesamtnutzen zu erhalten und wählst denjenigen, mit dem größten Wert.
Wir erhalten also für Köln einen Gesamtwert von 22, für München von 16 und für Berlin von 15. So kommen wir auf die Rangfolge Köln vor München und Berlin. In diesem Fall würdest du deinen Standort also in Köln eröffnen.
Unterschiedliche Kriteriengewichtung: Lexikographische Ordnung
Jetzt bist du aber der Meinung, dass dir die Faktoren im Scoring-Modell unterschiedlich wichtig sind und bittest einen Experten darum, geeignete Gewichtungen zu bestimmen. Er stellt folgende Vergleiche auf:
– Die Verkehrsanbindung ist wichtiger als die beiden anderen Kriterien
– Die Distributionskosten sind wichtiger als die Fixkosten
Mit diesen Informationen kannst du nun folgende Reihenfolge der Kriterien aufstellen:
Verkehrsanbindung Distributionskosten Fixkosten
Wie hilft dir diese Aussage jetzt den richtigen Standort im Scoring-Modell auszuwählen?
Kannst du die Kriterien in eine solche Reihenfolge bringen, lässt sich immer die lexikografische Ordnung anwenden. Dabei entscheidet das wichtigste Kriterium darüber, welcher Standort gewählt werden sollte. Da die Verkehrsanbindung bei dir am Wichtigsten ist, betrachten wir die Werte in der Zeile Verkehrsanbindung und können folgende Reihenfolge aufstellen:
München Köln Berlin
Mit der lexikografischen Ordnung würdest du also München als Standort auswählen. Aber welchen Standort würdest du NACH München wählen, Köln oder Berlin?
Gleiche Kriteriengewichtung: Auswahl über das nächstwichtigere Kriterium
Haben zwei Orte die gleichen Werte, dann ist das nächst wichtige Kriterium entscheidend. Hier also die Distributionskosten. In unserer Tabelle sehen wir, dass Köln mit acht einen höheren Nutzenwert hat als Berlin.
Nach München würdest du also Köln auswählen. Beachte aber, dass das nächste Kriterium wirklich erst dann eine Rolle spielt, wenn beim vorherigen Kriterium keine eindeutige Entscheidung getroffen werden kann. Somit steht deine finale Prioritätenrangfolge fest:
München Köln Berlin
Absolute Gewichtungsfaktoren in der Nutzwertanalyse
Da die Vergleiche der Auswahlkriterien des Experten aber sehr ungenau waren, bittest du ihn, seine Vergleiche im Scoring-Modell zu konkretisieren und erhältst diese Informationen:
– Die Fixkosten sind halb so wichtig wie die Distributionskosten
– Die Verkehrsanbindung ist doppelt so wichtig wie die Distributionskosten
Wie werden die Kriterien im Scoring-Modell nun bewertet? Du kannst erneut eine Nutzwertanalyse erstellen, in dem du zunächst die erste Aussage betrachten. Dann erhälst du für die Fixkosten einen Gewichtungsfaktor von eins und für die Distributionskosten von zwei.
Die zweite Aussage verrät uns, dass der Faktor der Verkehrsanbindung vier sein muss. Jetzt musst du die Faktoren nur noch mit den Nutzenwerten aus der Tabelle verrechnen und schon kannst du den besten Standort auswählen. Wir erhalten für Köln einen Wert von 42, für München 48 und für Berlin den Wert 34. Daraus ergibt sich die folgende Prioritätenrangfolge:
München > Köln > Berlin
Prozentuale Gewichtungsfaktoren in der Nutzwertanalyse
Zusätzlich kannst du die Gewichtungsfaktoren im Scoring-Modell in prozentuale Gewichtungsfaktoren umrechnen. Um die Kriterien zu bewerten, wird einfach jedes Faktorgewicht mit dem jeweiligen Nutzenwert multipliziert. Das sieht dann so aus:
Mit dieser Gewichtung würdest du als Standort zuerst München, dann Köln und dann Berlin auswählen. Das entspricht der Rangfolge, die wir mit der lexikografischen Ordnung ermittelt haben. Im Scoring-Modell gibt es je nach Auswahlkriterien und Gewichtung viele Möglichkeiten, wie wir ein Nutzwertanalyse Beispiel erstellen.
Nutzwertanalyse Vorteile Nachteile
Die Nutzwertanalyse hat einige Vorteile aber auch Nachteile. Beginnen wir zunächst mit den Vorteilen. Anhand des Scoring-Modells können
- aus Handlungsalternativen transparente Entscheidungen getroffen werden
- Entscheidungen besser nachvollzogen werden
- Entscheidungsgründe anhand der Analyse begründet werden
- im Gegensatz zu anderen Kosten-Nutzen-Vergleiche auch nicht monetäre Einflussgrößen berücksichtigen.
Dennoch ist nicht alles an einer solchen Analyse von Vorteil. Nachteilig ist, dass
- Bewertungen oder Gewichte relativ subjektiv gewählt werden
- Handlungsalternativen unvollständig sein können
- eine Nutzwertanalyse bei einer großen Anzahl an Alternativen schnell zeitaufwändig und arbeitsintensiv werden kann.
Wenn du dir das Schema und das Vorgehen der Nutzwertanalyse gut einprägst, dann wirst du in Zukunft keine Probleme mehr bei der Entscheidungsfindung haben.